ariaposching. Auch im zweiten Jahr nach dem
Fährunglück auf der Donau bei Mariaposching wird es dort keinen Ersatz geben.
"Die geplante Leihfähre ist nach dem Verkauf des Unternehmens etwa fünfmal
so teuer wie ursprünglich geplant und kommt daher für dieses Jahr nicht
infrage", sagte Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter (CSU) gestern.
Nun gehe es darum, so schnell wie möglich die Ausschreibung für den Neubau
einer Fähre voranzutreiben, appellierte er an die Gremien im Landkreis
Straubing-Bogen, die die Fähre betreiben. "Heuer wird aber sicher keine
Fähre mehr zwischen Mariaposching und Stephans-posching fahren", betonte
Bernreiter.
Planungen für eine Gierseilfähre gibt es bereits. Den Unterlagen zufolge
benötigt eine Gierseilfähre jedoch leistungsfähige Hilfsmotoren, mit denen das
Schiff auch ohne Seil fahren könnte. Deshalb forderte Bernreiter entgegen
gefasster Beschlüsse, eine Motorfähre bauen zu lassen.
Neue
Erkenntnisse: Landrat sieht keinen Bedarf mehr für eine Hochseilanlage –
Leihfähre nicht bezahlbar
Stephansposching. Landrat Christian
Bernreiter ist davon überzeugt: Eine Seilanlage für die neue Fähre ist
überflüssig. Das als Gierseilfähre konzipierte Schiff fahre auch ohne Seil,
weil es ohnehin über einen starken Motorantrieb verfügen müsse, beruft sich
Bernreiter auf Fährenexperte Dr. Dieter Urmann. In einer kurzfristig
einberufenen Pressekonferenz gestern Nachmittag bat er die Gremien des
Landkreises Straubing-Bogen, schnell zu entscheiden. "Es ist höchste
Eisenbahn!", mahnte er. Außerdem teilte er mit, dass die Kosten für die
angedachte Leihfähre für den diesjährigen Betrieb explodiert seien. Deshalb
müssen die Bürger mindestens ein weiteres Jahr auf eine schnelle Verbindung
zwischen den Kommunen Maria- und Stephansposching warten.
"Nein,
dies ist kein Faschingsscherz", warnte Bernreiter die Medienvertreter, die
sich im Landratsamt einfanden, vor. Zwei schlechte Nachrichten habe er zu
überbringen. Die Gespräche mit einem österreichischen Anbieter einer Fähre
seien weit fortgeschritten gewesen. Als Übergangsmaßnahme wollte der Landkreis
Straubing-Bogen das Schiff mieten. Die Kosten dafür lagen zwischen 3000 und
5000 Euro monatlich, erklärte Bernreiter. Weil jene Fähre bisher in Deutschland
nicht zugelassen war, wären Umbaumaßnahmen angefallen, vor denen sich die
Landkreise nicht verschlossen hätten, um so schnell wie möglich die schwimmende
Wasserstraße wiederzubeleben. Doch nun kommt der Haken: Inzwischen wurde die
Unternehmenssparte, der die Fähre gehört, verkauft. Der neue Chef fordere nun
27000 Euro pro Monat, berichtete der Landrat. Bei monatlichen Einnahmen von
teilweise nur 250 Euro stelle dies "beim besten Willen" keine
Interimslösung dar. Alternativen gibt es nicht. "Heuer wird sicher keine
Fähre mehr zwischen Maria- und Stephansposching fahren", stellte er fest.
Nun
die zweite Erkenntnis: In der vergangenen Woche erhielt Bernreiter vom
beauftragten Planungsbüro die Planungsunterlagen samt Berechnungen für den Bau
der neuen Gierseilfähre. Das hatte der Kreistag Straubing-Bogen im Dezember
2016 einstimmig entschieden. Dem Plan zufolge benötigt das Schiff Hilfsantriebe
mit einer Leistung von 160 kW oder anders: 218 PS.
"Praktisch läuft immer ein Motor"Und da
kommt Dr. Urmann, Sachverständiger für Binnenschifffahrt, ins Spiel. Er
erläuterte in einem Schreiben an die beiden Landräte, verfasst am Freitag:
"Mit den Hilfsantrieben von etwa 160 kW wird die Fähre aber zugleich über
eine ausreichende Leistung verfügen, mit der sie auch frei, also ohne
Hochseilanlage, zugelassen werden und fahren kann. Dadurch wird die
Hochseilanlage nautisch und technisch obsolet." Weiter führt er aus, dass
die Fährmänner künftig Hilfsantriebe für das An- und Ablegen, zum Anfahren der
Rampen bei bestimmten Wasserständen, bei Ostwind, zur nautischen Unterstützung sowie
zum Erreichen der Notrampen bei höheren Wasserständen verwenden werden. Während
der Zeiten, in denen die Hilfsantriebe nicht laufen, wird laut Urmann ein
zusätzlicher Motor mit etwa 15 kW (20 PS) benötigt, um das Seil zu verstellen
und Klappen und Schranken hydraulisch zu betätigen. Weitere vorgeschriebene
Hilfs- und Noteinrichtungen seien zu beachten. "Damit wird auf der Fähre
praktisch immer ein Motor laufen", verdeutlicht Urmann und wischt die
nostalgischen Erinnerungen an die gesunkene Fähre beiseite.
Der
letzte Aspekt, der gegen den künftigen Einsatz einer Gierseilfähre spricht:
Urmann zufolge wird die Donau im Fährbereich nach dem vorhergesehenen Umbau
einer Buhne oberhalb der Mariaposchinger Anlegestelle auf 20 bis 25 Prozent der
Fährstrecke keine ausreichende Strömung mehr aufweisen. Wieder kommt ein Motor
zum Einsatz, um das geplante Schiff mit einem Leergewicht von rund 52 Tonnen zu
bewegen.
Bernreiter bezweifelt FörderfähigkeitWegen dieser
Fakten habe sich Bernreiter entschlossen, die Öffentlichkeit zu informieren.
Zuvor hielt er Absprache mit den Fraktionen sowie mit seinem derzeit erkrankten
Kollegen Josef Laumer, Landrat im Landkreis Straubing-Bogen. Bernreiter stellte
fest: "Die Zeiten des geräuschlosen Gleitens sind vorbei." Er sagte,
dass sich die Landkreise 400000 Euro sparen könnten, wenn sie die
Hochseilanlage, die nun keiner brauche, verwerfen. "Das Schiff fährt auch
ohne Seil", bekräfitgte er und hinterfragte sogar, ob die Maßnahmen dann
noch förderfähig seien. Schließlich übernimmt der Freistaat 50 Prozent davon,
die beiden Landkreise teilen sich unter normalen Umständen die andere Hälfte.
Ebenso nannte er die teuren Fundamente, welche bei den Deichen gebaut werden
müssten, das über zwei Zentimeter dicke und damit schwierig zu handhabende Seil
und die Forderung des Wasserwirtschaftsamtes. Dieses sehe den Eingriff in den
Deich als möglich an, wenn es keine Alternative dazu gibt. Bernreiter erkennt
diese aber: die Motorfähre.
Sollte
der Landkreis Straubing-Bogen an der Seilanlage festhalten, werde der Landkreis
Deggendorf lediglich die im Herbst 2016 beschlossenen 200000 Euro zur Verfügung
stellen, wobei den Berechnungen höhere Kosten zu entnehmen sind, äußerte der
Landrat. Dass der Landkreis Straubing-Bogen die restlichen rund 580000 Euro trägt,
ist zu bezweifeln. Bisher pochten die Politiker aus dem Nachbarlandkreis, die
Kosten paritätisch aufzuteilen.
Kommt
hingegen auch der Kreisausschuss, der am 13. März in Straubing zu diesem Thema
tagt, zum Entschluss, das Schiff als Motorfähre bauen zu lassen, spricht laut
Bernreiter nichts gegen eine Aufteilung der Kosten wie bisher. Er bezifferte
sie dann auf etwa 310000 Euro für jeden Landkreis.
"Wir
appellieren, zügig zu entscheiden. Weitere Verzögerungen sind nicht
hinnehmbar", betonte er und sprach eine E-Mail des Heimatministeriums an,
in der nach dem tatsächlichen Bedarf einer Donaufähre gefragt worden sei.
Stephansposchings Bürgermeisterin Jutta Staudinger war über die Ergebnisse
"nicht erfreut", forderte eine schnelle Lösung und schloss sich Bernreiters
Worten an. "Der Super-GAU für Stephansposching wäre, die Fährverbindung
ersatzlos zu streichen", befürchtete sie.