Anmerkungen zum Artikel in der PNP,Bayernteil 9.11.13
Landrat Adam: Straßenausbau ist nicht alles - aber ohne Straßenausbau ist eben alles nichts
Die in
blauer Schrift gehaltenen Anmerkungen sind meine Anmerkungen
Seit zwei Jahren ist Michael Adam (28) Landrat des Landkreises Regen. Straße
und Schiene, schnelles Internet und Tourismus-Struktur – hier sieht er für
den Landkreis und für den Bayerischen Wald großen Nachholbedarf. Und er
glaubt, dass eine Kommunalreform nötig ist, weil die Gemeinden und Landkreise
im bisherigen Zuschnitt zu klein sind, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.
Im Amtszimmer verrät ein Willy-Brandt-Poster, dass Adam SPD-Mitglied ist.
Berührungsängste gegenüber CSU-Politikern hat er aber nicht. Manchem Genossen
kuschelt er zu sehr mit CSU-Abgeordneten. Auch darüber spricht er im
PNP-Interview.
Der Bayerische Wald ist in Gefahr, abgehängt zu werden. Diese Sorge äußert
Landrat Michael Adam im PNP-Interview. Verbesserungen fordert er bei der Straße,
der Schiene und beim Breitbandausbau.
PNP: Sie klagen öfter über die schlechte verkehrliche Anbindung des
Landkreises Regen. Wo sehen Sie die größten Defizite?
Michael Adam: Ich sehe die Defizite sowohl bei der Straße als auch bei der
Bahn. Die Bedeutung der Bahn nimmt bei einer älter werdenden Bevölkerung zu.
Nicht jeder wird mit 80 Jahren noch Auto fahren. Die Bahnlinie
Plattling–Bayerisch Eisenstein stammt aber aus der Zeit der alten Dampfloks,
es gibt keine Kreuzungsmöglichkeit; die Verbindung nach Plattling ist zu
langsam und umständlich. Nebenstrecken werden teils nicht stündlich, teils
gar nicht mehr bedient.
Mit der
Bahn kann nicht die Fläche abgedeckt werden, auch Nebenstrecken können
Fahrgäste nur aus wenigen Ortschaften heranbringen, zumal wenn – wie bei den
Strecken nach Bodenmais oder Grafenau die Bahnhöfe oft weit von den
Ortschaften entfernt liegen. Da viele von der Bahn abseits liegende Orte
heute keine oder fast keine Busverbindungen haben, sind die heutigen
Zugfrequenzen auf den Nebenstrecken völlig überzogen und transportieren
deswegen auch vielfach keine oder fast keine Fahrgäste. Die Zugfrequenz dort
weiter erhöhen zu wollen, ist angesichts der völlig fehlenden Verbindungen in
vielen Dörfern, unverständlich und auch ungerecht.
Da unsere
Bahnhöfe vor allem für die Versorgung der Wirtschaft angelegt wurde und auch
heute Güter von und zu Großbetrieben in Zwiesel, Regen, Viechtach, Teisnach
oder Grafenau usw. transportiert werden könnten, ist die Stilllegung des
Güterverkehrs und das volle Setzen auf die Straße nicht zu begreifen. Ich
habe schon wiederholt in Leserbriefen darauf hingewiesen, habe aber niemals
eine Antwort darauf erhalten. Auch dass heute in Zwiesel über ein Kilometer
Rangiergleise des Güterbahnhofes abgebaut werden sollen und somit eine
Aufnahme des Güterverkehrs unmöglich wird und niemand Einspruch erhebt, weder
der Stadtrat noch Landrat Adam, ist unverständlich.
Zur Straße: Die Bundesstraßen 11 und 85 sind zu einem großen Teil nicht in
dem leistungsfähigen Zustand, in dem sie sein sollten. Wir sind da weit
hinter dem Stand der Nachbarlandkreise. Wir hatten auf den Bundesstraßen bis
vor wenigen Jahren keinen einzigen Abschnitt, der dreispurig ausgebaut war.
Gegenwärtig ist erst der dritte kurze Abschnitt am Marcher Berg im Bau.
Unfallträchtige Kreuzungen sind kaum entschärft. Dies führt zu endlosen
Tempolimits. Ein unerträglicher Zustand! Wenn ich aber Forderungen nach
Verbesserungen erhebe, bedeutet das nicht, dass jede Straße bis in den
letzten Weiler möglichst groß ausgebaut werden soll. Ich spreche über die
Hauptverkehrsachsen. Hier sind wir massiv ins Hintertreffen geraten.
Die Verkehrsströme haben sich zu einem Teil in die Nachbarlandkreise
verlagert. Einerseits positiv, weil der Verkehr bei uns zurückgegangen ist.
Andererseits haben wir heute deshalb das Problem, dass wir die statistischen
Kfz-Zahlen nicht mehr erreichen, die Bund und Land verlangen, um
Planfeststellungsverfahren für notwendige Straßenbauprojekte einleiten zu
können.
"Bei den Hauptverkehrsachsen sind wir massiv ins Hintertreffen
geraten" Wir laufen deshalb Gefahr, als Raum auszubluten. Die nicht
nachgewiesenen Verkehrsströme sind ein rechtliches Problem: Auch wenn man
sich mit allen Grundstückseigentümern einigt, genügt möglicherweise eine einzige
Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss, um das Projekt zu kippen, wenn
das Gericht die statistische Notwendigkeit nicht sieht. Dabei geht es uns ja
gar nicht darum, zusätzlichen Verkehr in den Bayerischen Wald zu holen,
sondern einfach darum, unsere Anbindung nach draußen
zu verbessern.
Unsere
Topografie ist, wie sie ist. Unsere Straßen hatten immer die Aufgabe, die
Ortschaften zu verbinden. Wo Umgehungen gebaut wurden, gab es immer
wirtschaftliche Einbussen und Verödungen der Ortskerne. Wohl niemand hat
etwas dagegen, die Straßenverläufe zu optimieren, wo dies schadlos möglich
ist, neue Hauptverkehrsachsen für den Transitverkehr durch die
Landschaft zu brechen, ist aber etwas gänzlich anderes.
Dass sich
Verkehrsströme von uns wegentwickelt haben, liegt daran, dass auf
tschechischer Seite kein Schwerlastverkehr zugelassen wird, bzw. Brücken zu
niedrig sind. Wäre es anders, würden der Fernverkehr
auch heute schon verstärkt durch unsere Täler rollen. Es gibt klare Aussagen
von Landrat Adam und Landrat Bernreiter, grenzüberschreitend Trassen
auszubauen, ganz im Sinne der Wirtschaft, die dies auch seit langer Zeit
stereotyp fordert. Wie kann dann Landrat Adam noch immer behaupten, ihm ginge
es nur darum unsere Anbindung nach draußen zu verbessern?
Adam: Beispiel Hangenleithen (über dieses Dorf führt eine Straße aus dem
Landkreis Regen in Richtung Bundesstraße 533/Autobahnausfahrt A
92/Hengersberg; Anm. d. Red.): Die Ortsumgehung Kirchberg i.W. ist meines
Erachtens geografisch die ideale Anbindung des Kirchberger Raums an den Raum
Deggendorf. Aber weil es in diesem Bereich heute nichts gibt, außer kleine,
schlecht ausgebaute Kreisstraßen, die nicht stark befahren werden, tut man
sich mit der Planrechtfertigung einer richtigen Straße in Richtung Deggendorf
schwer. Dabei geht es hier um eine wichtige zukünftige Erschließungswirkung.
PNP "Wir laufen Gefahr, als Raum auszubluten"In Sachen
Hangenleithen gibt es ja die Besonderheit, dass ein Unternehmer angekündigt
hat, abzuwandern, wenn der Ausbau nicht schnellstmöglich kommt. Hören Sie
diese Drohung öfter?
Adam: Ich gebe mich nicht her für Aussagen, wie die, dass bei uns der Rubel
wirtschaftlich richtig rollen wird, wenn wir lauter vierspurige Straßen
haben. Das wäre viel zu einfach! Der Straßenausbau ist nicht alles – aber
ohne Straßenausbau ist eben alles nichts. Gute Straßen sind Existenzgrundlage
für unsere Unternehmen. Ein Handwerksbetrieb wird wegen der schlechten
Anbindung den Bayerischen Wald nicht verlassen. Aber die großen Player,
Betriebe wie Rohde & Schwarz, Linhardt oder Rehau, sehen das schon
anders. Diese Unternehmen haben zum Teil ihren Stammsitz woanders, da müssen
sich die einzelnen Betriebsstätten um Werkserweiterungen bewerben; und dann
wird knallhart vorgerechnet, dass das Unternehmen wegen der schlechten B 11
jährlich zwischen 500 000 und einer Million Euro mehr an Frachtkosten hat.
Das ist natürlich ein Standortnachteil. Wir reden nicht von überzogenen
Ausbauten, sondern von dem Standard, den wir in anderen Landkreisen in Bayern
auch haben.
Unternehmen
haben sich nur aus drei Gründen bei uns angesiedelt: 1. Weil der
Firmeninhaber hier zu Hause ist, 2. weil es Fördergelder gab, die man
abgreifen konnte und 3., der wichtigste Punkt: Weil es bei uns zuverlässige,
heimattreue Arbeitnehmer gibt, von denen nicht wenige gerade durch
jahrelanges Auspendeln sich hohe Kompetenzen erworben haben. Nach der Wende
haben einige Großbetriebe Zweigwerke in Tschechien oder Ungarn gegründet, so
weit mir bekannt, sind alle wieder reumütig zurückgekehrt.
PNP: Gibt es Unternehmen, die überlegen, sich im Bayerischen Wald
anzusiedeln? Oder ist das eine utopische Vorstellung?
Adam: Wir haben Gespräche geführt mit einem namhaften Hersteller von
Baumaschinen. In diesem Fall war die gute Straßenanbindung neben der
Verfügbarkeit eines Industriegebiets die Hauptforderung. Sogar Teisnach,
wegen des Technologiecampus eigentlich ein perfekter Standort im Landkreis,
war in diesem Fall schon zu schlecht angebunden. Es gibt aber in der Regel
mehrere Gründe, warum Unternehmen nicht kommen. Vom Bayerischen Wald müssen
die Unternehmer aktiv überzeugt werden, weil wir von Haus aus nicht den
hervorragenden Ruf als Industriestandort haben. Dann muss man auch sagen,
dass bei uns teilweise der Gewerbegrund zu teuer ist im Vergleich mit anderen
Regionen. Es gibt in manchen unserer Kommunen Gewerbeflächen, die so teuer
sind wie in Plattling direkt neben der Autobahn.
Die Lage
direkt neben der Autobahn im Plattlinger Raum ist nur für Massen-Lagerhalter
und wenige Produzenten ein entscheidender Vorteil. Viel wichtiger ist das
Vorhandensein qualifizierter und motivierter Fachkräfte, siehe oben. Bei
hochwertigen Produkten spielen kleine Zeitgewinne keine Rolle. Eine breite
Transitstrecke würde vor allem das "just in time-Unwesen" fördern,
also die Lagerhaltung auf Rädern.
PNP: Was ist mittlerweile das größere Manko: Die schlechte Anbindung oder der
sich verschärfende Fachkräftemangel? In einigen Jahren rückt auf zwei
Arbeitnehmer, die sich in den Ruhestand verabschieden, nur ein Arbeitnehmer
nach.
Adam: Tagesaktuell ist der Straßenausbau noch das größere Hemmnis. Auf dem
Arbeitsmarkt geht es uns noch relativ gut. Der Bayerwäldler ist treu, es gibt
geringere Neigungen, den Betrieb zu wechseln, als anderswo. Ich habe noch
keinen Betrieb erlebt, der sagt, dass er nicht in den Bayerischen Wald geht,
weil sich dort der Fachkräftemangel abzeichnet. Aber wenn ich die Frage mit
Blick auf die nahe Zukunft beantworte, dann muss ich sagen: Ja, das wird ein
Riesenthema. Und zwar rasant.
Hier spielen
die „weichen Faktoren“ eine bedeutsamere Rolle als die „harten“, also
Straßenbau, der nicht selten die weichen Faktoren irreversibel schädigt. Wer
in einer lebenswerten Landschaft zu erschwinglichen Preisen leben und bauen
kann, wird sich gerne niederlassen, wenn, ja wenn sich die Kommunen nicht
durch Prestigebauten und Fehlinvestitionen nicht noch immer verschulden und
etwa 500 Prozent Grundsteuer verlangen, wie etwa Regen und Zwiesel. Auch das
Vorhandensein von Dorfschulen (siehe aktuellen Konflikt in March) und
wohnortnahen sozialen Strukturen und Einkaufsmöglichkeiten sind ein nicht
hoch genug einzuschätzender Standortfaktor. Auch die Installierung etwa von
Sammel- oder Ruftaxis sind sehr wichtig.
Adam: Die Stimmungslage ist gegenwärtig aber noch eine andere. Es gibt noch
Vorteile, wenn man sich hier ansiedelt oder wenn Betriebe hier erweitern. Zum
Beispiel die Wirtschaftsförderung, die man sich wieder für die nächsten
sieben Jahre gesichert hat. Das ist ein Argument, das am meisten zieht. Auf die
Förderkulisse können wir deshalb noch nicht verzichten.
Argument
mit Vorsicht zu genießen, denn wie etwa der Fall Glashütte Riedl in
Riedelhütte zeigte, werden mit Fördermittel „Haie“ angelockt, die kassieren solange
es geht und schließen dann den gekauften Betriebund entledigen sich so noch
eines Konkurrenten. Die Beschäftigten bleiben auf der Strecke.
PNP: "Die Abgeordneten gehen der Auseinandersetzung aus dem Weg "Es
gibt gegenwärtig im Landkreis Regen rund ein halbes Dutzend
Bundesstraßen-Ausbauprojekte, die gelaufen sind, die gebaut werden, die in
der Planfeststellung sind oder an denen geplant wird. Wie beurteilen Sie die
Chancen, dass diese Projekte auch mittelfristig realisiert werden können?
Adam: Wir haben zunehmend ein finanzielles Problem. Die Kasse des Bundes für
Projekte im Bundesverkehrswegeplan war in den letzten Jahren gut gefüllt.
Unsere Straßenbauprojekte waren vom Bund auch zum Bau eingeplant. Aber die
entsprechenden Planungen sind in den meisten Fällen bis heute nicht
genehmigt. Das war ein klares Versäumnis vor Ort. Da hätten die örtlichen
Politiker – Landrat, Bürgermeister und Kommunalparlamente – mit der
Planungsbehörde stärker dahinter sein und auf zeitnahe Planfeststellungen
drängen müssen. Heute haben wir das Problem, dass der Bund derzeit zu wenig
Geld hat, um alle genehmigten Bau- und Ausbaumaßnahmen zu finanzieren. Wir
müssen nun also nicht nur um Plangenehmigungen ringen, sondern auch um
künftiges Geld aus Berlin.
Wenn ich mir heute die Diskussion um Straßenbauprojekte anschaue, dann fehlen
mir hier aber auch klare Bekenntnisse überörtlicher Mandatsträger. Wenn in
Passau eine Straße gebaut werden soll, dann sind dort fünf Abgeordnete am
Start und raufen förmlich darum, wer am meisten Druck gemacht hat. Bei uns
herrscht da eher vornehme Zurückhaltung.
PNP: Sie sagen: Wir müssen uns an der eigenen Nase fassen. Von den
Bürgermeistern, von den Abgeordneten fordern Sie ein klares Bekenntnis dafür
oder dagegen.
Adam: Was man unseren Abgeordneten definitiv nicht vorwerfen kann, ist, dass
sie sich nicht um Geld bemüht haben. Sowohl Ernst Hinsken als auch Helmut
Brunner als auch alle anderen brachten unsere Projekte in der Vergangenheit
in die entsprechenden Verkehrswegepläne. Aber dass man sich vor Ort zu
bestimmten Projekten klar erklärt hätte, das hat mir oft gefehlt. Schauen Sie
sich Ruhmannsfelden an: Hier geht man Diskussionen um den B 11-Ausbau seit 30
Jahren aus dem Weg, man will sich die Hände nicht dreckig machen, obwohl die
ganzeRegion auf den Ausbau zur Autobahn angewiesen ist.
Aha! Also
doch Ausbau zur Autobahn!!!
Adam: Hier hofft man,
dass sich das mit der geplanten B 11-Westumgehung schon irgendwie von allein
regeln wird. Das ist mir aber zu wenig. Denn wenn ich als Landrat so
verfahren würde, dann wäre mein Leben zwar stressfreier, und ich müsste mich
mit niemandem anlegen. Bloß: Dann ginge auch in Zukunft nichts weiter.
Wohin? Mir scheint es geht in die
völlig falsche Richtung. Eine Transittrasse zerstört auch wirtschaftlich viel
mehr als sie bringen kann!
PNP: Als positives Beispiel für guten Straßenausbau wird immer der Landkreis
Cham aufgeführt. Wo unterscheiden sich auf diesem Feld die beiden Landkreise
Regen und Cham.
Adam: In den beiden Landkreisen ist in den vergangenen Jahren vergleichsweise
gleich viel Geld in den Straßenausbau geflossen. Im Landkreis Cham hat man
aber gezielter die Hauptachsen ausgebaut, während bei uns das Geld vor allem
in viele kleinere Staatsstraßenprojekte geflossen ist. Die überörtliche
Geschlossenheit in Cham war stärker ausgeprägt, und auch der Bürgerwille zu
Infrastruktur-Kompromissen war stärker, es war mehr Nachdruck vor Ort
vorhanden. Allerdings stört mich schon, dass Cham für viele unserer
Landkreisbürger als das ‚gelobte Land‘ gilt. Denn auch im Nachbarlandkreis
ist nicht alles Gold, was glänzt. Dass man beispielsweise ein Krankenhaus in
Bad Kötzting für Millionen auf die grüne Wiese gebaut hat und es dann kurze
Zeit später zusperrt, so etwas könnte bei uns nie passieren.
Adam
bedauert, dass Cham als das „gelobte Land“ gilt! dabei hat uns keiner öfter
genau dieses einzureden versucht! Bitte nachlesen!
Adam: In puncto Infrastruktur hat der Landkreis Cham aber zweifellos Maßstäbe
gesetzt, die uns wehtun, weil sie uns immer vorgehalten werden.
Von wem?
Vor allem Adam hät sie uns dauernd vor!
PNP: Zusammengefasst heißt das, dass sich die Spitzenpolitiker aus dem
Landkreis zu wenig positioniert haben.
Adam: Diesen Satz würde ich zu 100 Prozent unterschreiben. Ich werde
regelmäßig von meiner Partei geschimpft, wenn ich CSU-Mandatsträger wie
Helmut Brunner öffentlich lobe. Das tue ich durchaus regelmäßig und
aufrichtig. Aber bei kontrovers diskutierten Straßenbauprojekten muss ich
durchaus auch einmalöffentlich Kritik üben.
Kritik üben wäre das Normale, aber
Adam beleidigt und verunglimpft jeden, der ihm als Gegner erscheint, statt
mit Argumenten zu überzeugen!
Denn hier verschwand
mancher bisher zu leicht in derMünchener oder Berliner Versenkung. Die Bürger
haben aber ein Recht darauf, die Haltung ihrer Abgeordneten zu diesen Themen
zu erfahren. Ich bin ein Vertreter der "Klartext-Fraktion".
PNP: Anderes Thema: Probebetrieb auf der Bahnstrecke Gotteszell–Viechtach.
Wie schaut es damit nach dem Wechsel der Zuständigkeit aus, von
FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil zu CSU-Innenminister Joachim Herrmann?
Adam: Ich hatte einen Brief in dieser Sache an den neuen Minister schon
fertig, bevor überhaupt feststand, wer es wird. Ich habe nochmals die
Historie geschildert und geschrieben, dass ich dem Wort eines Ministers
vertraue, der den Probebetrieb zugesagt hat. Aus diesen Versprechen lassen
wir die Regierung nicht mehr raus. Ich wollte mit dem Brief auch daran
erinnern, dass diese Verbesserungen für unsere Region essentiell sind. Den
Wohlstand, die Infrastruktur, die man sich in den vergangenen Jahren erkämpft
hat, die Entwicklung vom Armenhaus zu einer funktionierenden Region ist in
Gefahr, wenn man nichts mehr macht. Der Bahnverkehr ist für uns als Landkreis
auch wichtig, weil den Bahnverkehr der Freistaat bestellt und zahlt. Uns als
Landkreis bliebe dann mehr Geld für den Busverkehr und wir könnten so ein
Netz um die Bahnlinie bauen, das wir uns sonst nie leisten könnten.
Klingt gut,
doch warum versucht man nicht einmal den Güterverkehr wieder zu beleben? Wenn
man hier die Großbetriebe überzeugen könnte, wenigstens die dafür geeigneten
Lieferungen umzudisponieren, dann würde sich auch etwas bewegen, auch für die
Wiederaufnahme der Viechtacher Strecke!
Nur eins
noch- ein Netz von Buslinien um den Bahnverkehr weben? Klingt auch gut, doch
ich habe noch nie davon gehört, dass es das bei den bestehenden Bahnlinien in
unserer Gegend gibt. Es sei denn die Nationalparkbusse, deutsche wie
tschechische, in denen ich noch niemals auch nur einen Fahrgast gesehen habe.
Bitte um Aufklärung!
PNP: Die Pläne, dass eine Bahn-Hauptstrecke München–Prag durch den Landkreis
Regen läuft, hat man aber begraben, oder?
Adam: Da wurden die Weichen in den 90er Jahren anders gestellt. Die
Hauptstrecken der Bahn und auch die Autobahn in Richtung Tschechien gehen
heute durch Franken und die Oberpfalz. Da ist der Zug – sprichwörtlich –
abgefahren. Das ist unser Problem, genauso auch das Problem von Passau: Wir
liegen inmitten eines europäischen Straßen- und Schienen-Verbundsystems.
"Die Konkurrenz zwischen Aigner und Söder ist positiv für uns" Die
West-Ost-Verbindungen befinden sich im Bereich von Franken und der Oberpfalz
und im Bereich Linz. Dazwischen liegen 200 Kilometer südliche Oberpfalz und
Niederbayern wie ein Riegel. Die Verbindung zwischen München und Prag, die
über den Bayerischen Wald läuft, wird man autobahn- und schienenmäßig nicht
mehr hinbekommen. Aber wir müssen kämpfen, um den Bestand zu ertüchtigen,
damit wir nicht ganz abgehängt werden.
Diese
Verbindung sieht auch nur auf der Landkarte gut aus, man zieht einen
Linealstrich und kommt an Zwiesel vorbei. Aber das bayrisch-böhmiche
Grenzgebirge ausgerechnet an der Stelle mit einer Autobahn überqueren zu
wollen, an der der Grenzkamm am höchsten ist, das ist einfach nur ein Wahnsinn,
es sei denn man hat das Geld für einen Basistunnel von der Donau an die
Ottawa...
PNP: Es gibt ja jetzt ein Heimatministerium mit Markus Söder als
Heimatminister, der auch für den Breitbandausbau zuständig ist. Hier hakt es
ja auch. Erhoffen Sie sich, dass der Staat hier stärker einsteigt? Die
Kommunen sind ja wohl nicht in der Lage dazu.
Adam: In diesem Fall ist das kommunale Wehklagen berechtigt. Es geht hier um
ein Zukunftsprojekt, wie es Schienen- und Straßenbau in der Vergangenheit
waren. Hätten diese früher die Städte und Gemeinden finanzieren müssen, gäbe
es sie heute größtenteils nicht.
Als Landrat komme ich
einerseits immer häufiger in die Situation, dass ich Kommunen sagen muss,
dass ihnen der Haushalt nicht mehr genehmigt wird, dass sie keine Kredite
mehr aufnehmen dürfen. Andererseits sollte ich gleichzeitig den Kommunen
auftragen: Ihr müsst intensiv das Breitbandnetz ausbauen, ihr müsst in
regenerative Energien investieren und und und. Wenn der Staat das nicht als
Zukunftsaufgabe sieht, so wie etwa Österreich dies seit Jahren tut, dann wird
das nichts.
Breitband ist gut. Doch wenn die
Anbieter dann, wo sie es könnten, den Kunden die volle Geschwindigkeit nur
beim Abschluß von Sonderangeboten geben, etwa wenn sie auch noch
TV über DSL empfangen, dann wird irgendwann kein Breitband mehr breit genug
sein um das zu erfüllen, für was es eigentlich gedacht war.
PNP: Haben Sie Heimatminister Söder schon in den Bayerischen Wald eingeladen?
Adam: Das werde ich noch tun. Ich glaube, dass uns Söder als Heimatminister
guttut. Söder will mit aller Gewalt Ministerpräsident werden. Und Söder ist
bekannt als Arbeitstier. Der wird ackern, der wird einiges tun, um das Profil
des Heimatministeriums zu schärfen. Und da ist der Breitbandausbau ein
wichtiges Thema. Da sehe ich die Konkurrenzsituation im Kabinett zwischen
Ilse Aigner und Markus Söder durchaus positiv für uns.
PNP Vielleicht auch ein Thema für das Heimatministerium: Die Finanzsituation
vieler Kommunen. In Ihrem Landkreis ist die Stadt Regen hoch verschuldet, es
gibt viele ähnlich desaströse in Niederbayern. Sehen Sie hier eine Lösung?
Mehr Schlüsselzuweisung, mehr Unterstützung?
Adam: Die übliche Forderung an den Staat wäre: Schaff über den kommunalen
Finanzausgleich einfach viel, viel mehr Geld heran!
Aber das funktioniert nicht, weil das der Staat auf Dauer auch nicht aushält.
Der Staat muss den Städten und Gemeinden vielmehr über noch konsequentere
Entschuldungsprogramme helfen. Er muss mehr Personal einsetzen bei der
Kommunalaufsicht und diese vor allem neu denken: Von der reinen
"nachträglichen Leichenbeschau" zur aktiven Hilfe und Mitsteuerung
durch den Staat. Und Mittel zur Entschuldung müssen an strikte
Haushaltsauflagen gekoppelt werden. Nicht im Sinne bloßer Kürzungsorgien,
sondern von mehr Kostentransparenz und zeitgemäßen Finanzierungsmodellen. Es
müssten etwa interkommunale Trägermodelle gesucht werden für Schwimmbäder,
Museen und Eishallen.
Das Landratsamt Regen betreibt zurzeit etwa hinter den Kulissen einen hohen
Aufwand bei der Suche nach möglichen Trägermodellen für die Eishalle Regen.
Das ist mein Verständnis von Kommunalaufsicht. Bei der Stadt Regen klaffen
Einnahmen und Ausgaben mittel- und langfristig so weit auseinander, dass hier
eigentlich nur noch ein knallharter Sanierer helfen kann.
PNP: Sie sind seit kurzem ja auch Präsident des Tourismusverbands Ostbayern.
Wie sehen Ihre Zielvorstellungen für den Tourismus im Bayerischen Wald aus?
Adam: Die Antwort auf diese Frage wäre tagefüllend. Ich will vor allem ein
Umdenken bei den Strukturen. Wir handeln im Tourismus noch viel zu
kleinteilig und ineffizient, in den örtlichen Tourismusstrukturen und auch in
manchen Verbandsstrukturen.
Adam: Ja, zu klein, um als Marke überörtlich wahrgenommen zu werden. Wir
haben zu viele Strukturen in zu vielen Kommunen, die das eigentlich nicht
leisten können. Wenn Sie etwa eine Gemeinde im Landkreis Regen mit
Tourismusausgaben von 50 000 Euro im Jahr sehen, dann hat diese als
Alleinkämpfer keine Chance, auf einem bundesweiten Tourismusmarkt
wahrgenommen zu werden. Diese Erkenntnis tut weh, ist aber unausweichlich.
Hier braucht es interkommunale Positionierungen. Einen Mittelweg zwischen
Klein-Klein vor Ort und reiner Verbandszentralisierung in Regensburg. Ich
kämpfe mit dem Geschäftsführer des Tourismusverbands Ostbayern, Dr. Michael
Braun, dafür, dass wir vor Ort schlagkräftige Einheiten bilden und der
Verband als überörtlicher Dienstleister auftritt.
Der Bayerwald-Tourismus funktioniert eigentlich nicht wegen seiner
Strukturen, sondern trotz dieser Strukturen. Unser Trumpf ist die Qualität
bei den Premium-Hotels und anderen Premium-Vermietern. Hier haben wir als
Region definitiv kein Produkt-Problem, sondern ein Image-Problem; die
Oberbayern hingegen haben ein Produkt-Problem, aber kein Image-Problem.
Wir als Landkreis haben kürzlich mit dem Wirtschaftsforum Regen eine
gemeinsame Arberland REGio GmbH gegründet, die nach und nach Dienstleistungen
zentral für Landkreis, Kommunen und Wirtschaft übernehmen soll. Wir haben zum
Beispiel Gemeinden, die es sich nicht mehr leisten können, selbst jährlich
einen Gästekatalog aufzulegen. Hier hilft nur noch eine Kooperation mit
anderen Kommunen über die GmbH. Und nur durch solche überörtliche Strukturen
kann man gezielt am Image der Region arbeiten.
Wenns nur
darum ginge, den Gemeinden bei der Gästewerbung unter die Arme zu greifen!
Nein, die Kreisentwicklung wird outgesourced, auch wenn die Kommunen die
Mehrheit der Anteile behalten. Und Kreisentwicklung bedeutet
Kreisentwicklung, also die vornehmste Aufgabe der gewählten Kreisräte. Selten
wurde Demokratieabbau so verbrähmt! Die Wirtschaft, die ja bekanntlich auch
heute schon Vieles beeinflußt, hat es zukünftig gar nicht mehr nötig dies
heimlich oder auf Umwegen zu machen. Wenn ich richtig informiert bin, hätten
ursprünglich in der GmbH die Banken sogar ein Viertel der Stimmen erhalten
sollen, nun ist ihr Einfluß anonym im Wirtschaftsforum verborgen. Die
Wirtschaft kann bei der Förderung ihrer eigenen materiellen Intertessen – und
etwas anderes wird sie kaum fördern - sogar noch Kosten sparen, denn drei
leitende Beamte des Kreises werden der GmbH zur Verfügung gestellt, um die
Arbeit zu machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies überhaupt rechtens
ist. Und es geht ganz sicher nicht nur um Tourismusförderung, es geht um
lukrative Infrastrukturprojekte, professionelles Abgreifen von Zuschüssen im
immer undurchsichtigeren Förderdschungel, um Küngelei, Absprache, Filz, von
dem wir auch heute schon genug haben, siehe Freitod von Heinz
Wölfl, dessen Hintergründe überhaupt nicht aufgeklärt sind.
PNP: Wenn Sie sagen, dass die Kommunen eventuell mit den Aufgaben überfordert
sind, egal, ob es um den Betrieb von kommunalen Einrichtungen oder um die
Tourismus-Arbeit geht, was sehen Sie als Lösung?
Adam: Ganz ehrlich? Wir brauchen in absehbarer Zeit wieder eine
Kommunalreform. Bei sinkenden Einwohnerzahlen in Ostbayern in jedem Landkreis
eigene Strukturen, eine eigene Landkreisverwaltung, eine eigene Sparkasse
usw. zu unterhalten – im Nachbarlandkreis Freyung-Grafenau sogar drei eigene
Kreiskrankenhäuser für einen einzelnen Landkreis – das wird auf Dauer nicht
gehen. Eine Gebietsreform wie 1972 ist aus meiner Sicht unausweichlich.
Danach müsste es einen echten, leistungsfähigen "Bayerwald-Landkreis"
geben.
Diese
Aussage hat Sprengkraft, denn Adam sagt nichts anderes, als dass er
zentralisieren will, was heute dezentralisiert ist. Er will einen
Superlandkreis gründen, Krankenhäuser schließen, gewiss auch kleine Schulen
und wer weiß was noch alles. Hier zeigt sich wieder der Zentralisierer, dem
es an Respekt fehlt, am Respekt am Gewachsenen, Kleingegliedertem, an dem,
was für viele Menschen Heimat ausmacht. Genauso zerstört man aber die
gewachsenen Bindungen, die heute noch tragen und erreicht am Ende das Gegenteil
von dem was man eigentlich will und beschleunigt den Abzug und die
Entvölkerung der Region. (Siehe auch zuvor "weiche Faktoren").
In diesem
Zusammenhang bekommt auch Adams barsche Ablehnung der VIT-Autokennzeichen
seinen Sinn, ein Zentralisierer will den Menschen ihre nostalgische
Verwurzelung aus dem Kopf treiben. "Ich bin 1984 geboren, ich kenne kein
VIT, ich bin vorwärtsgewandt" Selten habe ich einen ignoranteren Spruch
gehört. Auch das vehemente Vorgehen seiner Behörde gegen Hausbrunnen gehört
hierher, denn es geht um Zentralisieren, um Enteignung von verwurzelten
Grundrechten.
Eine Kommunalreform ist
freilich nicht kurzfristig zu machen. Aber wir müssen eben ehrlich sein: Uns
laufen die Einwohner davon; in dieser Größe, auf die wir zusteuern, ist das
alles, was wir haben, nicht mehr zu bewältigen. Als junger Landrat kann ich
mich nicht in stoischer Ruhe an meinen Schreibtisch setzen und sagen: Mich
hält das schon noch 40 Jahre bis zur Rente aus. Andere Bundesländer sind hier
schon viel weiter. In den neuen Bundesländern rollt aktuell die Welle der
zweiten oder dritten Kommunalreform durch, Baden-Württemberg hat es ebenfalls
gemacht. Und auf ministerieller Ebene gibt es diese Überlegungen auch in
Bayern – wenn auch hinter vorgehaltener Hand.
Und Landrat Adam
macht die Arbeit der Schwarzen, stellt sich wieder als Rammbock in der
Öffentlichkeit zur Verfügung. Zufall das heute (11.11.13) in der PNP
ausschließlich in diesem Punkt zustimmende Leserbtriefe zu lesen sind?
Wir hätten in der Arberland REGio GmbH übrigens gerne auch die
Nachbarlandkreise mit eingebunden, aber in der Gründungsphase ist es schon
schwierig genug, die24 Kommunen im Landkreis Regen sowie die Wirtschaft davon
zu überzeugen.
Schwierig genug? Es gab keine
einzige Gegenstimme zu diesem, die kommunale Demokratie entmachtenden
putschähnlichen Coup!
Adam: DieStrukturen, die
wir zurzeit aber in Ostbayern haben, halte ich auf Dauer nicht für tragfähig.
PNP: Noch eine Frage zur Zusammenarbeit mit Politikern anderer Parteien. Wie
läuft sie mit Andreas Scheuer (CSU), Staatssekretär im Verkehrsministerium?
Adam: Ich habe seit meiner Wahl zum Landrat 2011 starken Kontakt zu ihm. Wir
bekommen von ihm schnell Unterstützung, da reißt er sich wirklich einen Fuß
auf. Er unterstützt uns, beispielsweise bei der Umgehung Ruhmannsfelden, mit
hohem persönlichen Einsatz. Und was ich auch an ihm
mag: Er redet Klartext.
Er kann aber auch nicht verhehlen, dass die Finanzierungstöpfe im Bund zum
Teil leer sind. Da ist momentan nicht mehr so viel los wie in den letzten
Jahren. Der Bund muss daher klären, wie die Projekte, die im
Bundesverkehrswegeplan enthalten sind, finanziert werden sollen. Und dazu
gehört auch eine Entscheidung in Sachen Maut. Ich glaube auch, dass die
Autofahrer bei uns mit einer Autobahnmaut leben könnten. Sie müssen woanders
zahlen, also hätten sie vermutlich auch Verständnis, dass sie und natürlich
die Autofahrer aus dem Ausland hier bei uns zahlen müssen. Wenn sie im
Gegenzug dafür eine vernünftige Straße bekommen.
Nun, Adam
träumt sogar schon Seehofers Träume... Wenn Fachleute recht
haben, wird das Ganze viel weniger bringen, als erhofft. Dafür wird es einen
riesigen Wasserkopf an neuer Bürokratie geben, aber anderes Wachstum kann die
Politik ja schon lange nicht mehr generieren. Wer neulich die Film-Docu über
das „Toll-Kollekt-Projekt“ gesehen hat, weiß, dass es kaum einen größeren
Schildbürgerstreich gegeben hat. Und man kommt nicht raus aus den Verträgen,
unvorstellbare 17 000 Seiten soll das Vertragswerk mit den deutschen Großkonzernen
Umfang haben, kein Mensch blickt mehr durch. Was eine Autobahnmaut für
Auswirkungen für den Verkehr auf Ausweichrouten haben wird, kann man nur
erahnen. Und wie weit ist es bis zu dem Schritt, dass jeder Autofahrer zur
gegenwärtigen Bespitzelung auch noch ein Kästchen in den Wagen bekommt, wo
alle Fahrten aufgezeichnet werden. Hat nicht Innenminister Friedrich nicht
auch unlängst so merkwürdige Szenarien entwickelt?
PNP: Was uns jetzt natürlich noch interessiert: Sind Sie noch glücklich in
der SPD? Sehen Sie noch eine lange Zukunft in dieser Partei?
Adam: Ich stecke hier durchaus in einem Dilemma: In der SPD vor Ort klappt es
hervorragend. Die Zusammenarbeit mit den Genossen stimmt, inhaltlich und
persönlich. Hier sind viele Leute, die ich schätze, die für mich gekämpft
haben, auf die ich mich 100-prozentig verlassen kann. Aber mit der
Parteiführung in München und Berlin bin ich in vielen Punkten immer weniger
zufrieden. Da liegt meines Erachtens eine gewisse Realitätsverweigerung vor,
der ich mich nicht anschließen kann und möchte. Ich hatte in der
Vergangenheit nie ernsthaft darüber nachgedacht, die Partei zu wechseln.
"Mit der Parteiführung bin ich in immer mehr Punkten immer weniger
zufrieden" Aber in letzter Zeit muss ich mir einfach oft an den Kopf
fassen, wenn ich sehe, wie die SPD ihre Mandatsträger rekrutiert, und was
meine Parteifreunde dann teilweise in Landtag und Bundestag von sich geben.
...und was
Adam so das ganze Jahr über von sich gibt? Alleine im laufenden Jahr...!
Hier stelle ich mir
dann schon bisweilen die Frage, ob ich hinter all dem noch stehen kann. Als
Kommunalpolitiker bin ich absoluter Pragmatiker. In der Tagespolitik gäbe es
also kaum einen Unterschied zwischen einem SPD-Landrat Michael Adam und einem
CSU-Landrat Michael Adam. Hinzu kommt, dass ich seit 2008 von örtlichen
Abgeordneten der CSU wesentlich mehr Unterstützung erfahren habe als von den
eigenen. Hatte ich ein Anliegen, rissen sich Helmut Brunner und Co., aber
auch Alexander Muthmann von den Freien Wählern ein Bein aus, um mir zu
helfen. Von den eigenen Leuten kamen hingegen oft bestenfalls verspätete,
sinnfreie Erklärungen, warum es ihnen nicht möglich war, zu helfen. Hier
fehlen mir Biss und Einsatzbereitschaft. Auch das lässt mich oft an meiner
Partei zweifeln.
Das kann
doch nicht wahr sein! Die Kreis SPD folgt Adams Wünschen und Entscheidungen
bis zum letzten Tüppfelchen! Keine einzige auch nur hinterfragende
Wortmeldung, geschweige den Gegenstimme, etwa bei der Entmachtung des
Kreistages mit der Gründung seiner GmbH! Und ein Exkreischef Köppl, der Adam
vor einem Jahr sogar mit einem gehässigen Leserbrief gegen mich unterstützt
hat, wurde ein paar Wochen später in aller Öffentlichkeit blamiert, weil der
Landrat genau das in Celesna Ruda forderte, was Köppl als böse Unterstellung
bezeichnet hatte...
Andererseits ist mir im Landratswahlkampf von Teilen der CSU wirklich übel –
teils weit unter der Gürtellinie – mitgespielt worden. Und ohne nachtragend
zu sein, sage ich schon, dass ich mit diesem Teil der CSU definitiv nichts
anfangen kann. Es ist und bleibt also ein gewisses Dilemma. Es ist aber ein
Irrglaube, dass ich als Landrat die Zeit habe, jeden Tag grübelnd daheim zu
sitzen und mir zu überlegen, ob und wie ich mit meiner Partei zurechtkomme
oder auch nicht.
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