PNP vom 15.05.2006
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von Alois Schieß
Passau. Zu Betriebsverlagerungen und Arbeitsplatzabbau
auf breiter Front würde es in Deutschland weit weniger kommen, wenn
die dafür zuständigen Manager und Unternehmer für ihr Handeln
persönlich haften müssten. Dies betonte Wolfgang Grupp, der Chef
der Firma Trigema, am Samstag bei dem von Studenten der Universität
Passau ausgerichteten "Wirtschaftssymposium Passau“. Das Unternehmen Trigema
stellt laut Grupp mit 1200 Mitarbeitern vor allem T-Shirts und Tennis-Bekleidung
ausschließlich am Stammsitz Burladingen bei Tübingen her. "Und
das ist möglich, weil ich nicht mein Geld wie andere Firmen mit irrsinnigen
Wachstumsphantastereien verpulvere“, sagte Grupp.
Viele
Unternehmer und Manager seien "in ihrer Machtgier
größenwahnsinnig“ geworden. Umsatzsprünge seien - auch weil
sich häufig die Manager-Gehälter danach gerichtet hätten -
zum Credo geworden. Das habe zu vielen Überkapazitäten geführt,
die - beim Abflauen der Konjunktur - nicht gefüllt werden könnten.
Da die Expansion vielfach mit Schulden finanziert worden sei, müssten
dann Tausende Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz für die Fehler der
Manager einstehen. Es komme aus reinen Kostengründen und nicht, um neue
Märkte zu besetzen, zur "Flucht aus Deutschland“ . Und die stärke
nur selten die Firma zu Hause.
Grupp nannte als Beispiele deutsche Textilunternehmer
wie Schießer, Jockey und Steilmann. "Ich kenne viele dieser Unternehmer.
Sie waren gestandene Millionäre, als sie 100 Prozent in Deutschland
produzierten. Ich kenne keinen, der reicher geworden ist, seit er von den
billigen Arbeitsplätzen im Ausland profitiert. Ich kenne aber viele,
die ärmer geworden oder von der Bildfläche verschwunden sind“,
sagte er.
Reicher geworden
seien dagegen auch nach schlimmsten Fehlentscheidungen vor allem Manager
- etwa von DaimlerChrysler. "Ich bin überzeugt, wenn Manager und auch
Politiker für ihr Handeln persönlich haften müssten - und
zwar bis zum Status eines Hartz IV-Empfängers -, dann würden die
Entscheidungen wieder sorgfältiger getroffen“, betonte Grupp.
Wenn aber auch
für Missmanagement noch Millionen Euro an Abfindungen gezahlt würden,
dürfe man sich nicht wundern, wenn die Beschäftigten egoistisch
würden, demotiviert seien, schwarz arbeiteten und den Sozialstaat
ausnutzten.
Mitarbeiter, die wüssten, dass ihr Chef Verantwortung
für sie und ihren Arbeitsplatz übernehme, seien auch zu solch
große Leistungen und hoher Flexibilität fähig, dass ihr Lohn
über den Verkauf entsprechender Produkte und Dienstleistungen erarbeitet
werden könne. "In Deutschland sind nicht die Löhne zu hoch, sondern
das Verantwortungsgefühl vieler Manager ist zu gering“.
Er, Grupp, produziere in Deutschland, zahle Tarif, gebe
seinen 1200 Mitarbeitern und deren Kindern eine Arbeitsplatzgarantie -
während in seiner Branche in den letzten Jahren über 100 000
Jobs verloren gingen - und mache dennoch Gewinn. "Dabei hat Trigema keine
Bankschulden. Dafür stehe ich mit meinem gesamten Privatvermögen
für mein Handeln gerade.“
Natürlich müsse und wolle auch er Gewinn machen,
aber das sei bei vernünftigem Wirtschaften auch weiterhin in Deutschland
möglich, sagte Grupp. Zwar sei eine Arbeitskraft in Deutschland teurer
als etwa eine in Tschechien, sie könne aber auch mehr. "Um rentabel
zu produzieren, darf ich eben keine Massenaufträge annehmen, muss ich
mir eine Nische suchen - und sollte deshalb bewusst klein bleiben, um flexibel
zu sein - und vor allem darf ich nicht wachsen, nur um des Wachsens
willen.“
Grupp hat nach einem Wirtschaftsstudium 1969 das Unternehmen
von seinem Vater Franz übernommen. Bis heute hat er seinen Angaben nach
den Umsatz ("der ist nicht so wichtig, entscheidend ist das Ergebnis“) auf
über 80 Mio. Euro fast verzehnfacht. Die Mitarbeiterzahl steigerte er
um 500 auf 1200. Grupp setzt bewusst auf Lokalisierung statt auf Globalisierung
- und die eigene Belegschaft. Dann brauche es auch keine teuren Abwerbungen.
Ein weiterer Hauptredner des zweitägigen Symposiums
war Michael Keppel vom Sanierungs-Unternehmen Alvarez & Marsal. Er monierte,
viele Unternehmer würden Krisenanzeichen zu spät erkennen und darauf
verspätet reagieren. Bei Sanierungen werde dann häufig zu einseitig
auf Entlassungen gesetzt. Erarbeitet werden müssten neue
Perspektiven.