Lug und Trug im Weißen Haus


Bemerkenswert ist es allemal, wenn ein Direktor der CIA auspackt. Zumal wenn es, wie im neuen Buch von George Tenet, der Bill Clinton und George W. Bush als Geheimdienstchef diente, um die Vorbereitung des Irak-Krieges geht. Was Tenet beschreibt, sind ein paar weitere Steinchen in einem Mosaik, dessen Bild in seinen Konturen zwar längst bekannt ist, das sich nun aber noch klarer abzeichnet: Die US-Invasion im Irak war ausgemachte Sache, ehe die CIA - fälschlicherweise - die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak bestätigte.

Doch das macht das Buch noch nicht wirklich spannend. Brisant werden die Einlassungen aus einem anderen Grund. Tenet wirft Präsident Bush und seinem Vize vor, ihn und die CIA wider besseres Wissen zum Sündenbock gemacht zu haben für die Fehlentscheidung, Krieg gegen Irak zu führen. Hier behauptet ein Insider, einer der über Jahre die Entscheidungsmechanismen in Washington aus nächster Nähe beobachten konnte, nichts weniger, als dass die Bush-Regierung lügt und die amerikanische Öffentlichkeit bewusst manipuliert. Nach der Verurteilung von Dick Cheneys früherem Bürochef wegen Meineids, nach den Unaufrichtigkeiten von Bushs Intimus, Justizminister Alberto Gonzales, in der Affäre um die Entlassung von Bundesanwälten, hallt dieser Vorwurf in Washington nur noch mächtiger wider.

Die Demokraten haben ohnehin ihre Kritik an der Administration verschärft. Sie werfen ihr nicht mehr nur ihre Inkompetenz vor, was schon vernichtend genug wäre. Sie klagen Bush und seine Mannschaft vielmehr des Betrugs und der gezielten Desinformation des Landes an. Dafür liefert ihnen nun ein früherer CIA-Direktor einen weiteren Beweis. rkl


Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.98, Samstag, den 28. April 2007