Tödliche Schweinedärme

In einer Verwertungsanlage für Biogas in Niedersachsen starben drei Mitarbeiter nach einem Tank-Unfall. Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter zehn Feuerwehrleute

Ein Feuerwehrmann im Schutzanzug auf dem verseuchten Gelände der Biogasanlage

 

Ein Feuerwehrmann im Schutzanzug auf dem verseuchten Gelände der Biogasanlage
Foto: AP

 

Rhadereistedt - Der Unfall in einer Biogasanlage im niedersächsischen Kreis Rotenburg) hat drei Menschen getötet. In der vergangenen Nacht erlag eine 32 Jahre alte Mitarbeiterin des Betriebes ihren lebensgefährlichen Verletzungen.

Das teilte die Polizei mit. Am Dienstag morgen waren ihr 30 Jahre alter Bruder sowie der 43 Jahre alte Betriebsleiter der Anlage durch Methangas getötet worden. Zwei weitere Menschen liegen noch immer mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus.

"Wir gehen davon aus, daß beim Entleeren eines Tankfahrzeugs mit gehäckselten Schweinedärmen eine Schwefelwasserstoffwolke in ungewöhnlich hoher Konzentration freigeworden ist", sagte der Sprecher des Gewerbeaufsichtsamts Cuxhaven, Jörg Hoppe. "Wer das zwei Mal einatmet, hat keine Überlebenschance mehr", erläuterte Hoppe.

Am Tag nach dem Unfall war die Gaskonzentration in der Betriebshalle nach Polizeiangaben noch so hoch, daß die Biogasanlage zunächst nicht betreten werden konnte. "Es handelt sich immer noch um eine tödliche Konzentration", sagte Polizeisprecher Detlef Kaldinski.

Fahrer schleppt sich noch ins Freie

Das Tankfahrzeug lieferte Schlachtabfälle aus den Niederlanden an. Der 25 Jahre alte Fahrer konnte sich noch ins Freie retten. Der Betriebsleiter und der 30jährige starben in der Halle. Beim Bergen der Opfer erlitten zehn Feuerwehrleute Hautreizungen.

Spezialisten der Hamburger Berufsfeuerwehr fanden in der Halle extrem hohe Werte an Schwefelwasserstoff sowie eine überhöhte Konzentration von Ammoniak und Kohlendioxid. Auch über Nacht wurde die Halle belüftet, um die Gaskonzentration zu senken.

Biogas für Heizkraftwerke

Die Anlage selbst wurde heruntergefahren. Die biologische Reaktion in den Faultürmen geht nach Unternehmensangaben aber nur langsam zurück.

Die private Biogasanlage in Rhadereistedt verarbeitet Bioabfälle aus der Landwirtschaft und privaten Haushalten sowie Produktionsreste aus der Lebensmittelindustrie und flüssige Schlachtabfälle.

Das produzierte Methangas wird in Blockheizkraftwerken mit einer Gesamtleistung von 800 Megawatt in Wärme und Strom verwandelt. Der Bau der Anlage hatte 1999 begonnen. Sie gilt als bundesweites Pilotprojekt. WELT.de