12.09.21
Lehrstück aus dem Zug
Leserbrief an Straubinger Tagblatt zum „Kreuz
& Quer“ vom 31. August 2021 Ich gestehe:
Die Lust am Zeitungslesen hat bei mir in Coronazeiten merklich nachgelassen,
weil eineinhalb Jahre Pressefotos mit gesichtsverhüllten Menschen und ständiger
Angstmache mehr ist, als ein empfindender Mensch „dabaggt“. Doch die tägliche Kolumne mit dem Kürzel
„map“ lese ich regelmäßig und bin immer wieder über die nie versiegende
Virtuosität der Autorin erstaunt. Die Schilderung der beschämenden Szene um den
Maskenverweigerer im Zug ist geradezu ein Lehrstück über Zeitgeschichte und
durchaus einmal als Schilderung in einem Schulbuch vorstellbar, um zukünftigen
Schülergenerationen den beschämenden Alltag in einem immer irrer werdenden Land
zu vermitteln. Ja – wenn man da nicht die „klammheimliche“ Freude der Autorin
spüren würde, wie sie genüsslich die Entfernung dieses maskenlosen
„Volksschädlings“ durch die Staatsmacht schildert, oder den maskierten Passagieren das schadenfrohe Grinsen
von den Augen abliest. Keiner im Zug hat die
Courage die Partei des Maskenbefreiten zu ergreifen und den spottenden
Zugbegleiter zur Vernunft zu mahnen. Die Szene erinnert mich an schulische
Erlebnisse, wo Mitschüler mit dem Stock bestraft wurden und man sich wegduckte,
froh nicht der Bestrafte zu sein. Wann derartiges geschah? Unter Hitler? Nein,
in Bayern wurde die Prügelstrafe erst 1969 abgeschafft. Wer meint sich durch
eine Gesichtswindel schützen zu können – obwohl sogar auf der Maske steht, dass
sie nicht gegen Viren hilft – dem sei dies unbelassen. Auch wer meint sich
durch eine Gen-Spritze schützen zu können, auch der soll das tun. Wer aber
anderen das Recht nimmt, auf ihr eigenes Immunsystem zu vertrauen, der sollte
sich langsam einmal besser informieren.
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