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09. 01.16

Eigene Erfahrungen

Beitrag zum Bericht auf Telepolis  Systematische Misshandlungen beim bayerischen Domchor

Die Prügelstrafe war in Bayern bis 1969 erlaubt, der Rohrstock für
Schläge auf Handflächen oder Gesäß /Tatzen oder Überglegte) war aber
schon ein paar Jahre vorher schon ein Auslaufmodell. Es gab aber
immer schon Lehrer, die haben überhaupt nicht geschlagen oder solche,
die mit einem dünnen Stäbchen eher symbolisch bestraft haben. Und es
gab andere, die ließen sich von den Schülern alle Jahre einen neuen
Haselstock in Zeigefingerstärke liefern (und manche Schüler rissen
sich um dieses Privileg, in der Hoffnung, deswegen irgendwann Gnade
zu finden). Doch da haben sie sich verspekuliert, denn zumindest
unser "Pädagoge“ ließ sich nicht einwickeln. Ich habe einmal
„Überglegte“ bekommen, deren blutunterlaufene Striemen man noch nach
einer Woche gesehen hat. Und einmal bekam beinah die ganze Klasse
Tatzen für Rechtschreibfehler, pro Fehler 3 Tatzen, ich war einer der
Besten und hatte nur zwei Fehler, was schmerzhaft genug wurde. Einem
Legastheniker – den Begriff gab es damals noch nicht - bluteten nach
der Tortur die Finger. Selten, dass sich Eltern beschwerten, immer
hieß es „Das wird dir schon gehört haben...!“ Für gute Leistungen gab
es übrigens verschiedenfarbige Lobstriche auf einer öffentlich
aufgehängten Namensliste, die „recht“, „noch recht“ und „gerade noch
recht“ bedeuteten und uns mächtig anspornten...  Also Zuckerbrot und
Peitsche, die Älteste aller Dressurstrategien.
Mit katholischen Religionslehrern hatte ich als frommer Bub nie
Probleme, andere bekamen beinah regelmäßig eine Watschn, Kopfnuss
oder mussen auf ihren ausgstreckten Armen ihren Ranzen hochhalten. 
Von sexuellen Übergriffen hörte ich nie was, ich glaube, es gab auch
keine. Auch aus einem benachbarten Klosterinternat habe ich nie
dergleichen gehört, von dem ein oder anderem geplatzten Trommelfell
durch Watschen schon eher. Und dass wir zu Zweit zur
Kommunionvorbereitung auf den Knien des Pfarrers sitzen durften und
er uns freundlich über die Gebote aufklärte und auf die Beichte
vorbereitete, war, so seltsam es sich in Zeiten von pädagogischer
Korrektheit anhört, vermutlich nur eine Sympathiebekundung, nach dem
Jesusmotto: „Lasset die Kindlein zu mir kommen!“ 
Der alttestamentische Bibelspruch, dass man bei dem Kind, das man
liebt mit der Rute nicht sparen soll, hat die moralische
Untermauerung für Züchtigung geliefert. Die unterdrückte und
verklemmte Sexualität, tat wohl ein übriges. Man braucht man sich ja
nur einmal die Äußerungen des Bodenpersonals der drei abrahamschen
Religionen etwa über Masturbation ergoggeln, da gibt es teilweise
sogar Gleichsetzung mit Mord... Und vor drei Jahren hat der Bundestag
mehrheitlich für die Zulässigkeit religiös begründeter chirurgischer
Methoden zur Erschwerung oder Verhinderung von Onanie gestimmt,
natürlich hat das niemand so genannt, denn Religionsfreiheit ist
allen guten Menschen heilig und wenn sie noch so zur
Mitgliedermarkierung und Sexualunterdrückung missbraucht wird. Dies
alles sollte man vielleicht im Hinterkopf haben, wenn man sich den
neuen Ermittlungen bei den Domspatzen nähert. Es wäre ein Fehler, nur
die Vergangenheit zu bemühen. Vieles, was sich heute ganz
selbstverständlich an Menschenverachtung (auch sexueller) in TV und
Netz abspielt, hinterlässt auf kindlichen Seelen Striemen, die nicht,
wie die auf meinem Hintern nach vierzehn Tagen verblassen.