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31.12.18 Was hilft eine schöne Nuss, wenn sie hohl ist...

zu Brief an einen jungen Philosophen

„Zu viele Noten!“ soll Salieri Mozart vorgehalten haben, wobei er aber, wenn ich die Sache richtig sehe, dem Wunderkind durchaus nachzueifern versuchte.

Schopenhauer rät auf die Frage wie man den Stil verbessert, den Inhalt zu verbessern, dann würde die Sache schon passen. Also auf deutsch: Was hilft eine schöne Nuss, wenn sie hohl ist...
Im Beruf zählt keine Fähigkeit mehr, als etwas mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen. Und was wird auf den Schulen gelehrt, bzw. mit guten Zensuren belohnt? Richtig, elaborierte Wortfülle, voller Adjektive und Geschwafel. Unser Sohn besaß mit vier Jahren die erstaunliche Fähigkeit eine ihm vorgelesene Geschichte in wenigen Sätzen nachzuerzählen. Was soll ich sagen, Kindergarten, Grundschule und 9 Jahre Gymnasium haben ihm dieses Talent gehörig ausgetrieben. Unsere Tochter bat mich einmal bei der Erarbeitung eines Referats um Unterstützung. Am Ende hatten wir den Kern der Nuss gefunden, das Wesentliche passte auf eine halbe Seite. Nur, sagte die Tochter niedergeschlagen, damit bekomme ich eine Fünf, die Lehrerein erwartet mindestens 4 Seiten…
Früher glaubte man zur geistigen Abrichtung und Hirnverbiegung braucht es nach dem Hürdenlauf durch die Dressuranstalt Schule als Sahnehäuptchen noch den Barras, damit nach der erfolgreichen Austreibung von Freude am Lernen auch noch die Reste an Rückgrat gebrochen werden. Heute weiß man vielfach gar nicht mehr was das gewesen sein soll (während man auf seinem Handy herumwischt).

Bevor ich auch zu schwafeln beginne, zurück zum Punkt, verständliche Philosophie. Für mich ist Epikur nach wie vor der Größte seines „Berufsstandes“. Gewiss würde er mit seinen verständlichen wortarmen Weisheiten keine Professur bekommen, ja er würde niemals eine Doktorarbeit schaffen, ja nicht einmal das Abitur.

Schopenhauer hat auch verständlich geschrieben und Hegel als Philobaster verspottet, der seine aufgeblähten Werke nur als Fortsetzung seiner aufgeblähten Person verstand. Was hätte er wohl über Karl Marx gesagt? Aber hätte dieser uns Proleten nicht mit einer halben Bücherwand an Werken imponiert, wäre uns wohl manches erspart geblieben.

 

01.01.19 Re: "Im Beruf zählt keine Fähigkeit mehr als...."??

Ich schrieb: „Im Beruf zählt keine Fähigkeit mehr, als etwas mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen.“

Ulrich Frank stellte diese Behauptung in Frage.

Meine Antwort:

Dein Einwand ist berechtigt. Mein Satz gilt wohl nur für die produzierenden Berufe, für die übrigen ist er Wunschdenken. Wie konnte ich nur jene Berufe vergessen, die vom Quatschen leben: die Politiker, die Journalisten, die Priester, die Advokaten, die Lobbyisten, die Hausierer, die Zauberkünstler…