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10.11.10 Künstliche Letten statt Badeweiher

Leserbrief an Plattlinger und Bogener Zeitung zum Bericht vom 28.10.19 Gremium spricht sich für Grünordnungsplan für Kiesabbau in Loham mit 6:4 Stimmen aus

Viele Poschinger wollen die Badeweiher erhalten und haben gegen die Verfüllung Einspruch erhoben, entsprechend enttäuscht sind sie über die Entscheidung des Gemeinderates, der aus unerfindlichen Gründen seinen eigenen Grünordnungsplan einfach umwirft. Nun gibt es keine Einwände gegen den neuerlichen Kiesabbau, denn von irgendwoher muss das Material für den Hochwasserschutz ja kommen. Die Zerstörung der bestehenden Weiher und ihre Verwendung als Deponie kommen aber absichtlicher Naturzerstörung gleich. Umso unbegreiflicher, dass ausgerechnet der Vorsitzende des Bund Naturschutzes Deggendorf, Georg Kestel, in seiner Eigenschaft als Landschaftsplaner, diesen Frevel durchzuboxen hilft. Zitat: „Bei der Verfüllung entstehen hochwertigere Naturschutzflächen als derzeit vorhanden“. Ob das die jetzt hier lebende Tierwelt auch so sieht? Die Weiher und ihr Umgriff sind zu ökologischen Inseln in der Agrarsteppe ihrer Umgebung geworden. Die Vielfalt an selten gewordenen Blühpflanzen und Tieren ist groß. Fische, Amphibien, Reptilien, Wasservögel, Insekten haben hier eine Zuflucht gefunden. An manchen Steilwänden der Weiher siedeln in Höhlen immer wieder Kolonien von Uferschwalben, eine Nistmöglichkeit, die es weit und breit nicht mehr gibt. Ebenso haben Wespen und Wildbienen in den lehmigen Wänden ihr Zuhause. In die Steilwände haben auch Feldhasen ihre Höhlen gegraben und im Umgriff der Weiher, ist eine Weichholzaue herangewachsen, in der wir auch schon brütende Feldlerchen beobachtet haben, die durch die moderne Feldbewirtschaftung anderswo kaum mehr zu finden sind. In den Weihern leben Stockenten, Blesshühner und Haubentaucher. Manchmal landen hier Zugvögel, auch Wasservögel von der nahen Donau sind immer wieder zu beobachten, etwa Fischreiher, Schwäne und Wildgänse. In den Weihern hat sich eine große Vielfalt an Lebensgemeinschaften gebildet, die Zahl an Amphibien ist enorm. Uns ist im weiten Umkreis keine ähnlich hohe Besiedlungsdichte an Fröschen und Kröten bekannt. Wie im Planungsentwurf zu lesen, ist auch eine ganz seltene Art dabei, von der es in der ganzen Region nicht mehr viele gibt. Ihr Überleben wäre, bei einer Übersiedlung in das geplante neue Biotop, wie eingeräumt wird, überhaupt nicht gesichert.

Aber wie sagte einst schon Erwin Huber? Bei der Trockenlegung eines Moores darf man nicht die Frösche fragen - und wohl auch nicht die Anwohner, die ihre Badeseen behalten wollen und keine künstlich angelegte flache Letten vor der Haustür. Man muss sich den Wahnsinn nur vergegenwärtigen: Ein bestehendes Biotop verfüllen, um ein anderes zu schaffen! Ja, geht’s noch? Wer einen Biber tötet oder eine seltene Wespe muss mit hohen Geldstrafen rechnen, wer aber einen ganzen Lebensraum mit unzähligen Tieren zerstört, der darf das? Niemand kann prüfen, was hier einmal deponiert werden wird und welche Auswirkungen es auf das Grundwasser hat. Wenn die Behörden das durchgehen lassen, sollten sie nie mehr das Wort „Naturschutz“ in den Mund nehmen. Die Verfüllung ist alleine ein Geschäft für den Grubenbesitzer und aus der geschäftlichen Einbeziehung des obersten Naturschützers der Region, ergibt sich ein unerträglicher Zielkonflikt.


wie es weiterging

am 16.11.19 antwortete Georg Kestel in der Plattlinger Zeitung in einem langen Leserbrief.

Meine Antwort darauf vom 21.11.19

Mit dem Argument, dass ich nicht bei der Gemeinderatssitzung war, versucht mir Herr Kestel ein wichtiges Versäumnis zu unterstellen. Doch meine Anwesenheit hätte die Umwidmung der Kiesweiher zu Abraumdeponien nicht verhindert, denn normalen Bürgern verweigert man dort das Wort, selbst langjährige Ratsmitglieder dürfen keinen Pieps von sich geben. Alleine Herr Kestel durfte als Aussenstehender reden. Dabei hat die Informationsveranstaltung der Freien Wähler ein klares Stimmungsbild ergeben, doch die Gemeindeführung kümmert das nicht. Wobei jeder weiß, dass die Gemeinde dadurch nur Nachteile hat, mir zumindest fällt kein einziger Vorteil ein. Man zieht sein „Ding“ durch, womit wir wieder bei dem Spruch von Erwin Huber wären, dass man beim Trockenlegen eines Sumpfes nicht die Frösche fragen darf. Diese Metapher beschreibt unübertroffen die Demokratieauffassung der Wirtschaftspartei CSU: Lass die Leute brogeln, wir tun dann doch was wir wollen. Der besondere Witz dabei: Die Plattlinger Zeitung hatte den Satz gar nicht gedruckt (ohne die Streichung kenntlich zu machen) und Herr Kestel antwortete tatsächlich auf den Brief in der Bogener Zeitung. Dabei erweckte er den Eindruck, als ob es Herrn Huber seinerzeit um eine ökologische Aussage gegangen sei, mit Mooren und so... Nein, es ging um eine Müllverbrennungsanlage und er hat die Gegner damit verspottet!

Ich habe übrigens die über hundert Seiten Planungsunterlagen studiert und weiß, dass diese teilweise im Widerspruch zu Kestels Ausführungen stehen. Sein Argument, dass flache, manchmal trockenfallende Letten, die einmal die gefüllte Deponie verzieren sollen,  ökologisch höherwertig seien als die „Wasserkörper der Weiher“, zeigt, dass sein Wissen darüber am Schreibtisch entstanden ist, denn jeder Anwohner weiß, dass auch in den bestehenden Weihern der Wasserspiegel im Jahresverlauf um etliche Meter schwankt und damit perfekt die ökologisch gewünschten Zustände erfüllt.

Nein, bei der Verfüllung der Weiher geht es um das zweite wirtschaftliche Bein der Firma Kies-Hacker, die nicht nur Baustoffhändler ist, sondern auch Entsorger. Man verdient an dem Loch aus dem man Kies holt und verdient daran es wieder zu füllen, mit irgendwelchem Abraum, den man von weit her holt. Und das wird vom Vorsitzenden des Bund Naturschutzes durchgeboxt, der als Landschaftsarchitekt halt auch von etwas leben muss, eine geniale Symbiose.


Darauf antwortete Georg Kestel am 27.11.19 in der Plattlinger Zeitung in einem Leserbrief

"Komplexer Naturschutz". Da die Redaktion schon am Vortag per Email angekündigt hatte, keinen weiteren Leserbrief mehr zu drucken, kann ich meine Antwort nur hier einstellen.

28.11.19 Büchsenkraut & Co

---wurde tatsächlich nicht abgedruckt---

Das erfreut die Leser, wenn sich ein paar „Naturapostel“ in der Zeitung gegenseitig  beharken! Aber das gehört halt zur Demokratie und ich rege halt gerne Diskussionen an. Auch wenn ich ein in der Natur tief verwurzelter Mensch bin, in spezialisiertem Fachwissen kann ich einem gstudierten Fachmann wie Georg Kestel natürlich nicht das Wasser reichen und ja, das „liegende Büchsenkraut“ und die „Knoblauchkröte“ gehörten bis vor kurzem nicht zu meinem Bekanntenkreis... Ich betrachte die Dinge eher praktisch und denke, wenn es diese Raritäten bei uns gibt, also ohne dass Naturschützer vorher Gott spielen mußten, dann sollte man am gegebenen Lebensumfeld auch nichts verändern. (Es gibt schließlich genug Industriebrachen, die Hilfe dringend nötig hätten). Die Thematik führt weit über die Lohamer Kiesweiher hinaus, ein ähnliches Erlebnis hat mich, nach langer Mitgliedschaft beim Bund Naturschutz, vor Jahren auch austreten lassen. Auslöser war eine zum Naturschutzgebiet erklärte Waldwiese, die ihre seltenen Pflanzen aber der früheren extensiven bäuerlichen Bewirtschaftung zu verdanken hat. An einer Stelle wurde die Wiese von einem gesunden Fichtenwald begrenzt, dem der BUND biologische Minderwertigkeit bescheinigte und ihn mit schwerstem Gerät roden ließ. Für mich war das Biotopzerstörung und angesichts des allgemeinen Fichtensterbens unbegreiflich. Ich versuchte zu diskutieren und erntete nur natürschützerische Herablassung. Damit war für mich der Vereinskas gegessen. Nun erlebe ich im Biotop Kiesweiher Loham wieder dasselbe, bekomme gesagt, dass mein Denken nur bis an den Rand des Kiesweihers reicht. Aber wer zur Förderung biologischer Vielfalt sogar Panzer mit ihren Ketten Waldböden aufreissen lassen will, der muss auch die Frage „Cui Bono“ (wem zum Vorteil?) aushalten.