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07.10.21 Der Innen-Wahn

zu Gendersternchen: Gerechte Sprache, gerechte Welt?

Vor dreissig Jahren habe ich zum Thema Sprachverhunzung einen Text geschrieben, ich hab ihn "Innen-Wahn" genannt, der Begriff gendern war mir damals noch nicht geläufig. Da ich auch heute nichts wesentliches Neues zum Thema beitragen kann, außer der Anmerkung, dass ich keine Frau kenne, die sich durch Gendersternchen geehrt fühlt, zitiere ich einfach meine kleine Betrachtung von 1991:

„Der "Innen"-Wahn

Es zieht mir den Bauch zusammen, wenn ich sehe, wie in der "alternativen" und linken Kulturszene - um den Feministinnen zu gefallen - von BürgerInnen, SchülerInnen, ArztInnen usw. geschrieben wird. Ein medizinisches Buch eines einschlägigen Verlages musste ich entnervt weglegen, weil mich diese sprachzerstörenden Floskeln vom Lesen des Inhaltes abhielten. Seit einiger Zeit gibt es derartige Sprachvergewaltigungen auch in einem ostbayrischen Magazin, das ich seinerzeit mitinitiiert hatte. Nun könnte man sagen, dass wäre halt das Problem eines Matschos und diese Art von Männern werde sich zukünftig noch an manches gewöhnen müssen. Es ist aber in keiner Weise so, dass ich Frauen in meiner Weltsicht auch nur im Geringsten hinten anstelle. Im Gegenteil gefallen mir viele als typisch weiblich geltende Eigenschaften so, dass ich sie mir auch bei Männern wünsche. Im Übrigen habe ich die Gesellschaft von Frauen derer von Männern meist vorgezogen, eben weil den Frauen die typischen Matscho-Eigenschaften meist fehlen. Als Erzieher hatte ich beinahe nur weibliche Kollegen, als Internatsleiter betreute ich tausende Mädchen und junge Frauen und ich glaube, nicht eine wird mir auch nur die geringste Diskriminierung nachsagen können. Man wird es albern finden, dass ich derartige Zeugnisse überhaupt anführe, doch die Erfahrung mit manchen sogenannten "Emanzipierten" sagt mir aber, dass mein Votum ohne diese Referenzen sofort in eine Ecke geschoben würde.

Ich möchte auch betonen, dass ich sehr wohl weiß, wie sehr Sprache und Denken verbunden ist und dass sich in unserer heutigen Sprache auch alte Macht- und Denkverhältnisse widerspiegeln. Dennoch ist dieses Herunterleiern von "er und innen" usw. eine grässliche Sache und dient dem beabsichtigten Zwecke wohl in keiner Weise. Mich erinnert dieses formelhafte Geratsche immer an das Wortgeratter von der "Deutsche Demokratische Republik" die in den politischen Reden von Ulbricht und Honecker die Menschen so ermüdet hat. Mit formellen Geleier kann man zwar die Menschen ärgern und einschläfern, Denkänderungen werden damit aber wohl eher verhindert. Nicht umsonst sind diese "er-und innen-Formeln" in gesprochener Form auch zuerst bei Politikern aufgetaucht, die den weiblichen Wählern schmeicheln wollten um ihre Stimmen zu kriegen. Was ich vorschlage? Erst habe ich gegrübelt, ob man für einschlägige Begriffe durch Anhängen einer neutralen Endung oder durch Einführen eines neuen, gemeinsamen Geschlechts o. ä. die Sache lösen könnte. Ich glaube aber, das wäre noch alberner und ich würde mir dann die Ohren verstopfen und die Augen verbinden müssen, um nicht noch mehr leiden zu müssen. Ich bitte euch deswegen, ihr Frauen, lasst unsere Sprache wie sie ist und unterbrecht die süßen Redner, wenn sie mit dem "innen" zu sülzen beginnen. Freut euch darüber, dass die alten, auf Männer bezogenen Ausdrücke nun auch für euch gelten, denn dass sie für euch gelten ist doch das Wesentliche. Und tröstet euch damit, dass Sprache sowieso immer nur eine Krücke bleibt, um das auszutauschen was man meint. Vielleicht fällt uns aber auch noch irgendwann etwas Besseres ein..!“

siehe auch
http://www.hgeiss.de/texte/aufsatz/aufsatz.htm